Genau in diesem Alter ist unser Gehirn in Bestform. Wissenschaftler sind zu erstaunlichen Schlussfolgerungen gekommen.

Man sagt, dass wir mit zunehmendem Alter weiser werden. Neue Studien von Wissenschaftlern der Universität Warschau und der University of Western Australia bestätigen dies. Sie haben bewiesen, dass unsere soziale Intelligenz und damit unsere Fähigkeit, mit dem Leben zurechtzukommen, zwischen 55 und 60 Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Und genau in diesem Alter zeigen wir die besten Führungs- und Mentorenqualitäten. Nach dem 70. Lebensjahr werden wir wiederum emotional am stabilsten. Das sind gewichtige Gründe, warum wir keine Angst vor dem Alter haben sollten.

Genau in diesem Alter ist unser Gehirn in Bestform. Wissenschaftler sind zu erstaunlichen Schlussfolgerungen gekommen.

Es scheint, dass der österreichische Komponist und Sänger Udo Jürgens nicht ganz Unrecht hatte, als er sang: „Mit 66 beginnt das Leben“.

Professor Gilles Gignac von der University of Western Australia und Professor Marcin Zaenkovsky von der Universität Warschau wollten herausfinden, wann Menschen im Leben ihre „optimale geistige Leistungsfähigkeit” erreichen, also die Phase, in der Denken, Persönlichkeit und Entscheidungsfähigkeit am besten zusammenwirken.

Es gibt zahlreiche Studien, die sich mit einzelnen Aspekten der kognitiven Fähigkeiten befassen, wie zum Beispiel dem IQ oder der Persönlichkeitsentwicklung. Mit 20 Jahren sind wir natürlich in Topform und können uns verschiedene Dinge leichter merken, aber oft fehlt es uns an Weitsicht und Zufriedenheit. Bislang gab es kein Gesamtbild, das all diese Aspekte vereinte.

Außerdem gab es in der Psychologie bisher keinen einheitlichen Messwert, der gleichzeitig die kognitiven Funktionen, die Bewertungsfähigkeit und die Persönlichkeitsmerkmale widerspiegelte. Die Autoren beschlossen, einen neuen Index zu entwickeln, mit dem diese Merkmale erstmals gemessen werden können: den Index für kognitives und persönliches Funktionieren [Cognitive-Personality Functioning Index, CPFI].

Für die Anforderungen des neuen Indexes haben Gignac und Zaenkovsky 16 psychologische Messgrößen definiert. Dazu gehören logisches Denken, Gedächtnis, Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, Wissen und emotionale Intelligenz. Sie berücksichtigten auch psychische Stabilität, Gewissenhaftigkeit, Empathie und Offenheit für Erfahrungen. Anschließend suchten sie nach bestehenden groß angelegten Studien, die sich mit einem oder mehreren dieser Elemente unter Berücksichtigung des Alters befassten.

Mithilfe eines Computermodells verbanden sie schließlich 16 Kurven, die den Verlauf des CPFI über das gesamte Leben hinweg genauer widerspiegeln sollten. Um ein stabileres Ergebnis zu erhalten, gewichteten sie in ihren Berechnungen mal die kognitiven Fähigkeiten, mal die Persönlichkeitsmerkmale stärker. Interessanterweise hatte dies keinen wesentlichen Einfluss auf das Gesamtergebnis.

Genau in diesem Alter ist unser Gehirn in Bestform. Wissenschaftler sind zu erstaunlichen Schlussfolgerungen gekommen.

Optimale geistige Leistungsfähigkeit

Es stimmt, dass wir mit 25 Jahren besonders geistig leistungsfähig sind, aber mangelnde emotionale Reife kann zu unvernünftigen Entscheidungen führen. Mit dem Erwerb von Erfahrung und Wissen im Alter von 30 Jahren nimmt diese Reife zu, aber es gibt immer noch Raum für Verbesserungen. Den Messergebnissen zufolge erreichen wir das optimale Gleichgewicht zwischen Erfahrung, Wissen, der Fähigkeit, Situationen einzuschätzen, und ausreichender geistiger Flexibilität erst zwischen 55 und 60 Jahren.

Das erklärt, warum wir in dieser Lebensphase die besten Führungs- und Mentorenqualitäten zeigen. Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass wir bestimmte Fähigkeiten auch nach dem Erreichen des mittleren Alters ständig verbessern können. Deshalb lohnt es sich, ein Leben lang zu lernen.

Kognitives Training, Weiterbildung oder neue Hobbys können dazu beitragen, ein hohes Niveau langfristig aufrechtzuerhalten. Selbst nach dem 60. Lebensjahr nehmen emotionale Stabilität, Situationsbeurteilung und Weisheit eher zu als ab. Das bedeutet, dass wir insgesamt mit einer sehr zufriedenstellenden letzten Lebensphase rechnen können.

Stärken und Schwächen der Studie

Jeder Mensch und jedes Leben ist einzigartig. Der kürzlich entwickelte CPFI-Index kann jedoch nur einen durchschnittlichen Trend widerspiegeln. Es handelt sich eher um eine Vermutung als um eine bereits überprüfte Messgröße. Daher eignet sich das Ergebnis nicht für individuelle Prognosen. Die Studie beschreibt nur Gesetzmäßigkeiten und liefert keine neurologischen oder psychologischen Erklärungen.

Wie wir uns fühlen oder wie sich unsere Intelligenz mit zunehmendem Alter entwickelt, hängt auch stark vom kulturellen Kontext, von guten oder schlechten, sogar traumatischen Lebenserfahrungen sowie von der sozialen Rolle und der Bildung ab. Unterschiedliche Lebensstile, Familienstrukturen oder Arbeitsbedingungen können einen großen Einfluss auf den Verlauf dieser Prozesse haben.

Eine neue Sichtweise, die von Wissenschaftlern vertreten wird, weist jedoch auf etwas Wichtiges hin. Nämlich, dass unser „Wert” und unsere Produktivität nicht nur vom IQ abhängen, sondern auch von Lebenserfahrung, der Fähigkeit, Situationen einzuschätzen, Selbstbeherrschung und Moral, die ein viel realistischeres Gesamtbild ergeben und offenbar mit jedem Lebensjahr zunehmen.

Übrigens komponierte Ludwig van Beethoven seine berühmte 9. Sinfonie im Alter von 53 Jahren, Charles Darwin veröffentlichte sein Werk „Die Entstehung der Arten” im Alter von 50 Jahren, und Laura Ingalls Wilder war 65 Jahre alt, als sie den ersten Band ihrer Buchreihe „Unsere kleine Farm” schrieb.

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